Unternehmen unverschuldet in der Krise. Was tun?

Die Corona-Pandemie hat in vielen Branchen für erhebliche Umsatzeinbußen gesorgt. Insbesondere im stationären Einzelhandel, der Kultur- und Eventbranche sowie in der Gastronomie und Hotellerie stehen inzwischen viele vor dem Aus. Und es trifft längst nicht mehr nur die „Kleinen“. Die Bundesregierung hat bereits enorme Hilfsprogramme auf den Weg gebracht. Darunter finanzielle „Überbrückungsprogramme“, die Umsatzverluste ausgleichen und bei der Deckelung der Fixkosten helfen sollen. Zum anderen rechtliche Initiativen wie die Aussetzung des Insolvenzrechts bis Ende letzten Jahres, um Unternehmen von ihren rechtlichen Verpflichtungen zu befreien, z.B. einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit stellen zu müssen. 

Aber war und ist das genug? Reichen diese Maßnahmen aus, um den Unternehmen dauerhaft zu helfen?

Wir denken nicht. Zum einen erfolgt der Abruf der finanziellen Überbrückungshilfen eher schleppend, da viele schon bei der Antragstellung an ihre Grenzen kommen oder durchs Raster fallen. Seit 1. Januar 2021 gilt zudem wieder das Insolvenzrecht, das Unternehmen verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn sie zahlungsunfähig sind. Eine Teufelsspirale, die unserer Ansicht nach zu einer Insolvenzflut in 2021 führen wird. Onlinehändler News schätzt, dass rund 175.000 Unternehmen betroffen sein werden.

Wie können wir dem entgegenwirken und nachhaltig gegen die akuten Unternehmenskrisen und die sich drehende Abwärtsspirale der Unwirtschaftlichkeit vorgehen?

Die meisten Betroffenen haben für sich inzwischen erkannt, dass die Krise da und existenzbedrohend ist. Niemand kann sagen, ob es in der eigenen Branche eine Markterholung geben wird und vor allen Dingen wann. Sind die Rahmenbedingungen nach der Krise vergleichbar mit den Rahmenbedingungen vor der Krise? Und in welcher Phase der Krise befindet man sich mit seinem Unternehmen?

Wir unterscheiden vier Phasen, die ein Unternehmen in der Krise i.d.R. durchläuft:

1. Strategische Lücke

2. Ertragskrise

3. Liquiditätskrise

4. Insolvenz. 

 

Die 1. Phase ist dabei sicherlich die wichtigste Phase. Was man hier richtig macht, bewahrt einem vor dem Eintritt in die weiteren Phasen, die anderenfalls zwingend aufeinander folgen.

 

1.   Die „Strategische Lücke“ erkennen

In die 1. Phase – die „strategische Lücke“ – sind viele der aktuell angeschlagenen Unternehmen durch Corona und damit völlig unverschuldet hereingerutscht.

Der Wirtschaftskreislauf wurde massiv gestört, feste und stabile Absatzkanäle brachen weg.

Jetzt stellt sich für viele Unternehmen die Frage, ob sich ihre bisherigen Absatzkanäle wieder öffnen und wenn ja, wann und in welchem Umfang, oder ob neue Absatzkanäle erschlossen werden müssen.

Wir sind überzeugt, dass einige „Alt-Strukturen“ wohl überleben werden, ein großer Teil aber unwiederbringlich verloren ist und sich neue Strukturen etablieren werden.

 

Daher ist es jetzt für die Unternehmen essentiell und überlebenswichtig diese Veränderungen nicht nur zu erkennen, sondern auch das Potential der eigenen Organisation kompromisslos zu analysieren und sich neu aufzustellen.

 

Vor dem Handeln steht die Analyse:

Die in der Vergangenheit verwendeten langfristigen Zeitreihen volkswirtschaftlicher Kennzahlen dürften dabei allein keine ausreichende Basis mehr für neue Geschäftsmodelle bieten. Wirtschaft muss jetzt zum Teil neu gedacht und Organisationsstrukturen, Absatzmodelle, Produkt- und Preispolitik müssen überarbeitet werden, um die Erträge wieder zu steigern. Mit einer unveränderten Ausrichtung und Struktur wird dieses sehr schwer, wenn nicht gar unmöglich zu erreichen sein. Ohne die erforderlichen Anpassungen rutscht das Unternehmen aus der strategischen Krise unweigerlich in die 2. Phase - die Ertragskrise. 

 

2.   Die Ertragskrise

Ist ein Unternehmen erst in der Ertragskrise muss zwingend gehandelt werden, um noch eine Chance zu haben, die nächsten Phasen abzuwenden. Die staatlichen Hilfsprogramme in der aktuellen Corona-Pandemie werden nicht jedem und dauerhaft zur Verfügung stehen. Wir gehen davon aus, dass Banken oder andere Finanzierungspartner aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation künftig sehr zurückhaltend reagieren werden, so dass der Handlungsdruck für die Unternehmen massiv ansteigt, um nicht in die 3. Phase – die Liquiditätskrise zu kommen. Wir raten daher den Unternehmen spätestens jetzt entsprechende Maßnahmen einzuleiten und nicht zu warten, bis die operativen Zahlen die schlechte Verfassung des Unternehmens für potentielle Finanzierungspartner dokumentieren.

 

3.   Die Liquiditätskrise

Ist ein Unternehmen in dieser Phase, ist der Weg zur Insolvenz leider nicht mehr weit, da es seinen Zahlungsverpflichtungen bereits jetzt nur noch unzureichend nachkommen kann. Vertrauen geht verloren, die Spirale dreht sich weiter abwärts und es gibt kaum noch Möglichkeiten aus eigener Kraft aus dieser Lage herauszukommen. Spätestens in dieser Phase sollte professionelle Hilfe von außen in Anspruch genommen werden. DieSanierungsexperten helfen wesentliche Werte des Unternehmens zu sichern und bei der vorinsolvenzlichen Sanierung. 

 

4.   Die Insolvenz

Sind die Maßnahmen leider zu spät erfolgt, ist das Unternehmen überschuldet und die Zahlungsunfähigkeit nicht mehr abzuwenden, steht am Ende eines langen Weges dann doch die Insolvenzantragspflicht. In allen uns bekannten Fällen haben die Unternehmen wegen Zahlungsunfähigkeit die Insolvenz beantragt – die Überschuldung gesellte sich dann später als Insolvenzgrund hinzu, da ohne positive Fortführungsprognose das Going-Concern-Prinzip nicht mehr gilt. Der Verlust dieses Prinzips führt dann zu einer massiven Abwertung des Anlagevermögens. Im Ergebnis führt die Neubewertung der Aktiva dann in den meisten Fällen zu einer Überschuldung.

 

Fazit

Wir halten es für Unternehmen nicht nur in der aktuellen Situation für unabdingbar, rechtzeitig die Lage zu erkennen und selbst das Ruder in die Hand zu nehmen. Es sollte unbedingt gehandelt werden, so lange die Liquidität noch vorhanden ist. Nur wer den Anfängen entgegen tritt sichert sich damit auch die Möglichkeiten, dem Handlungsdruck der einzelnen Krisenphasen adäquat begegnen zu können und damit die Krise rechtzeitig zu beenden und die Unternehmensfortführung sicherzustellen.

Sencon GmbH,  Dr. Torsten Voß und Julia Gangloff, Dipl.-Kffr.

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